Fristlose Kündigung eines Lehrers im Kanton Waadt

Negativer Social-Media Beitrag als genügender wichtiger Grund

BGE 1C_10/2025

Summary: Ein Lehrer (A.) im Kanton Waadt mischte sich 2018/2019 in ein Disziplinarverfahren gegen seinen Sohn (B.) an der ETML ein. Er veröffentlichte im Mai und Juni 2019 kritische Facebook-Beiträge über die Behörden, wurde am 11. Juni 2019 deswegen verwarnt, erhob jedoch kurz darauf in E-Mails vom 25. und 26. Juni 2019 erneut schwere Vorwürfe (Vetternwirtschaft, Veruntreuung, Druck). Daraufhin leitete der Arbeitgeber am 1. Juli 2019 ein Kündigungsverfahren ein und sprach am 17. Juli 2019 die fristlose Kündigung aus.

Das Bundesgericht bestätigte die Zulässigkeit der ausgesprochenen fristlosen Kündigung: Die Einleitung am 1. Juli – zwei Tage nach den letzten belastenden E-Mails – sei rechtzeitig erfolgt; auch die anschliessende Kündigung erfolgte ohne Verzögerung.  A. war verwarnt worden, hätte Zurückhaltung zeigen müssen, tat dies aber nicht. Seine erneuten Vorwürfe gegen Vorgesetzte zerstörten das Vertrauensverhältnis und rechtfertigten die fristlose Kündigung. Die Beschwerde von A. blieb erfolglos; die Kündigung war rechtzeitig und materiell gerechtfertigt.

A. war Lehrer an einer Primar- und Sekundarschule im Kanton Waadt. Sein Sohn B. absolvierte eine Lehre an der École technique et des métiers de Lausanne (ETML). Im Mai 2018 wurde durch die ETML gegen B. ein Disziplinarverfahren eingeleitet, und er wurde wegen einer Beschwerde wegen sexueller Belästigung für zwei Tage suspendiert. A. engagierte sich in den nachfolgenden Gesprächen und Verfahrensschritten in dieser Sache.

Am 22. Mai 2019 veröffentlichte A. zudem einen Beitrag auf Facebook, in dem er sich im Wesentlichen über die Art und Weise beschwerte, wie das Departement für Bildung und Berufsausbildung (DEF) den Fall seines Sohnes behandelt habe. Im Juni 2019 wurde er zu einem Dienstgespräch vorgeladen. In einem Facebook-Beitrag vom 3. Juni 2019, der im gleichen Ton wie der vorherige verfasst war, bezog er sich auf diese Vorladung, die falsche Angaben zu seiner Wohnadresse enthielt. A. wurde aufgrund dieser Facebook-Beiträge während des Dienstgesprächs vom 11. Juni 2019 verwarnt. Am 25. Juni 2019 forderte A. die Direktorin der Primar- und Sekundarschule auf, sich als Schulbehörde entschieden gegen den Eindruck von Vetternwirtschaft zu positionieren, den einige Schüler teilten. In einer E-Mail vom 26. Juni 2019 an den stellvertretenden Generaldirektor für Personalwesen im Pflichtschulwesen brachte er seine Empfindungen in Bezug auf das Gespräch vom 11. Juni 2019 zum Ausdruck und behauptete, dass es zu Veruntreuungen gekommen sei und er Druck und Zwang ausgesetzt sei.

Gegen die am 17. Juli 2019 ausgesprochene fristlose Kündigung setzte sich A. zur Wehr und gelangte letztinstanzlich an das Bundesgericht.

A. machte vor Bundesgericht unter anderem geltend, die fristlose Kündigung sei verspätet erfolgt. Das Bundesgericht erachtete diese Rüge als unbegründet. Die Facebook-Beiträge vom 22. Mai und 3. Juni 2019 hätten für sich allein keinen Grund für die Kündigung des A. dargestellt. Eine solche Massnahme sei erst in Betracht gezogen worden, nachdem festgestellt worden sei, dass A. trotz der Verwarnung im Gespräch vom 11. Juni 2019 weiterhin seine Vorgesetzten und die Geschäftsleitung der ETML der Veruntreuung oder Vetternwirtschaft bezichtigt habe (E-Mails vom 25. und 26. Juni 2019). Zwischen dem 26. Juni 2019 und dem 17. Juli 2019 (Datum der streitigen Kündigung) seien 21 Tage (bzw. 15 Arbeitstage) vergangen. Die Vorinstanz habe zu Recht die Einleitung des Kündigungsverfahrens am 1. Juli 2019 berücksichtigt, um die Rechtzeitigkeit des Vorgehens zu prüfen. Dieses Verfahren habe insbesondere dazu gedient, das Recht von A. auf Anhörung zu gewährleisten. Da dieses Verfahren am 1. Juli 2019, also zwei Werktage nach der letzten E-Mail vom 26. Juni 2019, eingeleitet worden sei, sei die Reaktionszeit des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers angemessen, und nichts deute darauf hin, dass dieser die Dinge hinausgezögert hätte. Gleiches gelte für die Kündigung selbst, die kurz nach Erhalt der Stellungnahme des Arbeitnehmers erfolgt sei (E. 2.4).

Auch den materiellen Rügen von A. war gemäss Bundesgericht nicht zu folgen. Insbesondere wies dieses darauf hin, der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass er im Dienstgespräch vom 11. Juni 2019 verwarnt worden sei und dass von ihm daher erwartet worden sei, dass er sich gegenüber seinen Vorgesetzten zurückhaltend verhalte. Angesichts der am 25. und 26. Juni 2019 versandten E-Mails sei es daher nicht willkürlich anzunehmen, dass er diese Zurückhaltung nicht gewahrt habe. Auch wenn es sich nicht um eine Veröffentlichung in einem sozialen Netzwerk gehandelt habe, sei es nicht unhaltbar, davon auszugehen, dass dieser erneute Verstoss das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber schwer beeinträchtigt habe und daher eine sofortige Kündigung rechtfertige (E. 2.5).

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