Zeugnisanpassung eines Thurgauer Staatsanwalts mbA

Kein Anspruch auf Änderung eines Arbeitszeugnisses im öffentlichen Dienst – Wahrheits- und Wohlwollenspflicht

BGE 1C_400/2024

Summary: Ein Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Art. 330a OR bzw. § 60 RSV TG besteht zwar, jedoch nicht auf bestimmte Formulierungen oder Wertungen („sehr gut“, „äusserst fundiert“ etc.).

Bei der Bewertung kommt der zeugnisausstellenden Stelle ein weiter Ermessensspielraum zu. Frühere positive Zwischenzeugnisse dürfen, aber müssen nicht dominant berücksichtigt werden – die Entwicklung bis zum Austritt kann entscheidend sein.

Leistungsbeurteilungen und deren Akzeptanz durch den Mitarbeitenden sind relevante Grundlagen der Zeugnisausstellung. Die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmenden ersetzt keine objektive Pflichtverletzung der zeugnisausstellenden Behörde. Kein Verstoss gegen das Willkürverbot, wenn die Vorinstanz ihre Bewertung sachlich und nachvollziehbar auf dokumentierte Personalbeurteilungen stützt.

Der Beschwerdeführer, ein langjähriger Staatsanwalt mit besonderen Aufgaben (mbA) der Generalstaatsanwaltschaft Thurgau, verlangte die Änderung mehrerer Passagen seines Arbeitszeugnisses: Ergänzung um seine ersten Führungserfahrungen bei der Einführung einer Kollegin, Höherbewertung seiner fachlichen Kompetenz (von „fundiert“ zu „sehr gut“), Änderung der Leistungsbeurteilung („stets gute Endprodukte“) zu „jederzeit hochwertige und fehlerfreie Endprodukte“ sowie Verbesserung der Gesamtbeurteilung seiner Persönlichkeit von „gut“ auf „sehr gut“. Nachdem seine Begehren in den Vorinstanzen abgewiesen worden waren, gelangte er mittels subsidiärer Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht.

Das Bundesgericht stellte fest, dass der Beschwerdeführer kein rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 115 BGG in Bezug auf seine Willkürrügen geltend machen konnte, da er keinen gesetzlichen Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis auf kantonaler Grundlage dargelegt hatte. Obgleich § 60 Abs. 1 RSV TG mit Art. 330a OR übereinstimmt, liess das Bundesgericht die Frage offen, ob auf die Beschwerde einzutreten sei – da sie ohnehin materiell unbegründet war. Das Gericht wies den Vorwurf zurück, das Zwischenzeugnis von 2018 sei ignoriert worden. Es handele sich dabei um ein Element unter mehreren, das in die Gesamtbeurteilung einzufliessen habe. Die spätere Entwicklung sei zu berücksichtigen – insbesondere die letzten drei Jahre des über acht Jahre dauernden Arbeitsverhältnisses. Der besonderen Gewichtung dieser Schlussphase liege kein verfassungswidriges Abweichen vom Grundsatz der Gesamtschau zugrunde. 

Die Vorinstanz stützte sich nachvollziehbar auf die jährlichen Leistungsbeurteilungen (ZBF). Diese belegten keine überdurchschnittliche Leistung, sodass kein Anspruch auf ein „sehr gutes“ Zeugnis bestehe. Der Beschwerdeführer habe sich – bis auf die ZBF 2020 – nicht gegen die Bewertungen gewehrt, obwohl er dies hätte tun können. Das Gericht stellte klar: Ein schlechtes Verhältnis zum Vorgesetzten ersetzt keine substanziierte Willkürrüge. Dass das Zeugnis nicht der Wahrheit oder dem Grundsatz des Wohlwollens widersprechen würde, sei nicht glaubhaft dargelegt worden. Die verlangten Änderungen betreffen wertende Begriffe (z. B. „sehr gut“, „hochwertig“), auf deren Verwendung kein subjektiver Anspruch besteht. Die Vorinstanz überschritt weder ihren Beurteilungsspielraum, noch verletzte sie das Willkürverbot. Das Bundesgericht trat schliesslich auf die Beschwerde teilweise nicht ein und wies sie im Übrigen ab.

 

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