Ist eine Arbeitsunfähigkeit zwingend mit Ferienunfähigkeit gleichzusetzen?

Ist eine Arbeitsunfähigkeit zwingend mit Ferienunfähigkeit gleichzusetzen?

Nein. Eine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit bedeutet nicht automatisch, dass auch eine Ferienunfähigkeit im rechtlichen Sinn vorliegt. Entscheidend ist, ob die gesundheitliche Beeinträchtigung so schwerwiegend ist, dass der gesetzliche Zweck der Ferien – die physische und psychische Erholungobjektiv nicht erreicht werden kann.

Die Lehre und Rechtsprechung verlangen, dass die gesundheitliche Störung intensiv und von erheblicher Dauer ist. Nur dann wird die Erholung als verunmöglicht angesehen und ein Anspruch auf teilweise oder vollständige Nachgewährung der Ferientage bejaht. Die Tatsache allein, dass die ursprünglich geplante Aktivität (z.B. Bergsteigen) nicht unternommen werden kann, reicht nicht.

Ein gebrochener Finger, Schnupfen oder ein verstauchter Fuss genügen in der Regel nicht, da Erholung trotzdem möglich ist. Spitalaufenthalte, hohes Fieber über mehrere Tage, starke Schmerzen oder schwere psychische Zustände können hingegen zur Ferienunfähigkeit führen.

Das ärztliche Zeugnis muss sich ausdrücklich zur Erholungs(un)fähigkeit während der Ferien äussern – eine blosse Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit genügt nicht. Zudem gilt: Eine teilweise Ferienunfähigkeit ist rechtlich nicht vorgesehen – Ferientage gelten entweder vollumfänglich als bezogen oder nicht.

Empfehlung an den Arbeitgeber:

Verlangen Sie im Krankheitsfall während der Ferien ein differenziertes ärztliches Zeugnis, das präzise zur Erholungsfähigkeit Stellung nimmt.

Schulen Sie Führungskräfte und das HR, damit nicht jede Arbeitsunfähigkeit automatisch als Ferienunfähigkeit behandelt wird.

Halten Sie im Personalreglement verbindlich fest, unter welchen Voraussetzungen eine Nachgewährung von Ferientagen geprüft wird.

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