Was unterscheidet die Freistellung nach ordentlicher Kündigung arbeitsrechtlich von einer fristlosen Kündigung?

Die einseitige Freistellung durch den Arbeitgeber nach erfolgter ordentlicher Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis nicht, sondern setzt lediglich die Pflicht zur Arbeitsleistung aus. Im Gegensatz zur fristlosen Kündigung bleibt das Arbeitsverhältnis bei der Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehen – mit allen arbeitsrechtlichen Neben- und Hauptpflichten. Daraus ergeben sich für den Arbeitgeber unter anderem folgende Pflichten:

Lohnfortzahlung: Der vertraglich geschuldete Lohn (inkl. Provisionen, regelmässige Zulagen etc.) ist weiterhin vollumfänglich geschuldet– wie wenn die Arbeit tatsächlich erbracht würde.

Der gesetzliche und vertragliche Ferienanspruch läuft während der Freistellung weiter. Eine pauschale Kompensation von Ferien ist nicht zulässig – sie muss klar vereinbart und sachlich begründet sein. Faustregel: Bis zu einem Drittel der Freistellungszeit kann als Ferienbezug gelten – unter Berücksichtigung der Stellensuche und Zumutbarkeit.

Überstunden gelten nicht automatisch als abgegolten. Eine Kompensation durch Freistellung ist nur rechtmässig, wenn dies vertraglich vereinbart oder durch Einverständnis gedeckt ist. Bei fehlender Regelung ist eine Auszahlung (inkl. Zuschlag von 25%) geschuldet.

Ob eine Sondervergütung (Bonus, Gratifikation) geschuldet ist, hängt von ihrer rechtlichen Qualifikation ab:

Variabler Lohn ist geschuldet

Unechte Gratifikation ist geschuldet (Höhe im Ermessen des Arbeitgebers, aber nicht willkürlich)

Echte Gratifikation ist nicht geschuldet (freiwillige Leistung)

Ein zur privaten Nutzung überlassener Firmenwagen darf während der Freistellung nicht vorzeitig entzogen werden. Der Entzug ist nur zulässig, wenn es vertraglich geregelt oder dem Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich angeboten wird.

Tritt während der Freistellungszeit eine Arbeitsverhinderung ein, greift Art. 336c OR: Bei einer Arbeitgeberkündigung nach abgelaufener Probezeit wird die Kündigungsfrist unterbrochen (Sperrfrist), das Arbeitsverhältnis verlängert sich in zeitlicher Hinsicht und damit auch die Freistellungsdauer.

Empfehlung an den Arbeitgeber: Damit die Freistellung rechtssicher und konfliktfrei vollzogen wird, sollten folgende Punkte beachtet werden:

Schriftliche Freistellungserklärung erstellen, mit Regelung zu: Dauer der Lohnfortzahlung, Ferienanrechnung , Überstunden/Überzeit, Sondervergütungen, Spesenregelung, Rückgabe/private Nutzung von Arbeitsgeräten.

Ferien und Überstunden klar regeln – pauschale Anrechnung ist rechtlich unzulässig.

Sondervergütungen rechtlich einordnen, nicht nach Bezeichnung, sondern nach Vertragsstruktur.

Geschäftswagen und weitere Arbeitsmittel nur bei ausdrücklicher Vereinbarung entziehen oder angemessene Kompensation anbieten.

Krankheitsfälle/Unfälle während der Freistellung konsequent überwachen und dokumentieren, um Verlängerungen der der Freistellungsdauer korrekt zu berechnen.

zur Übersicht