Absentismus beschreibt die gewohnheitsmässige Nichtanwesenheit von Mitarbeitenden am Arbeitsplatz ohne ausreichenden Grund. Es handelt sich um ein Verhaltensmuster von häufigen Fehlzeiten, das nichts mit legitimen Absenzen (etwa Krankheit oder Urlaub) zu tun hat. Im betrieblichen Alltag zeigt sich Absentismus oft in wiederkehrenden Kurzabsenzen, z. B. wenn sich jemand regelmässig montags oder freitags krankmeldet, um so das Wochenende zu verlängern. Die Konsequenzen sind vielfältig: Arbeit bleibt liegen, Kollegen müssen einspringen, und die Motivation im Team leidet. Mehrere arbeitsrechtliche Pflichten und Rechte sind zu beachten, wenn Mitarbeitende der Arbeit fernbleiben:
Meldepflicht der Arbeitnehmenden: Mitarbeiter sind verpflichtet, Absenzen sofort zu melden – insbesondere bei Krankheit oder Unfall muss der Arbeitgeber unverzüglich informiert werden. Dauert die Absenz länger, ist in der Regel spätestens ab dem dritten Abwesenheitstag ein Arztzeugnis vorzulegen (viele Arbeitsverträge oder Reglemente verlangen ab dem 3. Krankheitstag ein Attest).
Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers: Grundsätzlich gilt im Arbeitsvertragsrecht «Ohne Arbeit, kein Lohn». Allerdings schreibt Art. 324a OR vor, dass der Arbeitgeber bei unverschuldeter Verhinderung des Arbeitnehmers (z. B. infolge Krankheit oder Unfalls) den Lohn für eine beschränkte Zeit weiterzahlen muss. Im ersten Dienstjahr beträgt dieser Anspruch mindestens drei Wochen; mit zunehmender Dauer des Arbeitsverhältnisses verlängert sich die Lohnfortzahlung gestaffelt (Gerichte orientieren sich an Skalen wie der Basler-, Berner- oder Zürcher-Skala). Viele Unternehmen schliessen dafür eine Krankentaggeldversicherung ab, die einen Grossteil des Lohns über längere Zeiträume abdeckt. Bei unentschuldigtem Fernbleiben darf der Arbeitgeber daher den Lohn entsprechend abziehen.
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Arbeitgeber haben gemäss Art. 328 OR eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten. Das bedeutet, sie müssen die Gesundheit und Persönlichkeit der Mitarbeitenden schützen. Konkret darf ein Arbeitgeber z. B. einen krankgeschriebenen Mitarbeiter nicht entgegen dem ärztlichen Zeugnis arbeiten lassen. Die Fürsorgepflicht umfasst auch, bei Leistungseinbussen oder auffälligen Fehlzeiten das Gespräch zu suchen und Unterstützung anzubieten, statt sofort Sanktionen zu verhängen.
Antwort: Wiederholte oder ungerechtfertigte Absenzen erfordern ein sorgfältiges, aber bestimmtes Vorgehen seitens Arbeitgeber. Folgende Schritte und Massnahmen sind ratsam:
Sofortiges Klären der Abwesenheit: Reagiert ein Mitarbeiter nicht und erscheint unentschuldigt nicht zur Arbeit, sollte der Arbeitgeber umgehend den Kontakt suchen, etwa telefonisch oder per E-Mail. Ziel ist es zu erfahren, warum der Arbeitnehmer fehlt – es könnte ein Notfall oder ein Missverständnis vorliegen. Der Arbeitgeber darf und soll nachfragen, da Arbeitnehmende vertraglich verpflichtet sind, den Grund ihrer Absenz (ohne Diagnosenennung) mitzuteilen.
Verwarnung/Abmahnung bei fehlendem Grund: Liegt kein wichtiger Grund für das Fernbleiben vor (keine Krankheit, kein Unfall o. Ä.), kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter ermahnen und auffordern, seine Arbeit umgehend wieder aufzunehmen. Dies kann mündlich geschehen, sollte aber aus Beweisgründen möglichst schriftlich festgehalten werden. In einer solchen Verwarnung wird auf die Vertragspflicht zur Arbeitsleistung hingewiesen und klargemacht, dass unentschuldigte Absenzen nicht toleriert werden. Bleibt der Arbeitnehmer weiterhin fern, sollte die Aufforderung schriftlich per Einschreiben wiederholt werden Spätestens jetzt ist anzukündigen, welche rechtlichen Konsequenzen drohen.
Rechtliche Schritte bei Arbeitsverweigerung: Reagiert der Mitarbeiter gar nicht mehr und kehrt trotz Aufforderung nicht an den Arbeitsplatz zurück, kann der Arbeitgeber arbeitsrechtliche Schritte einleiten. Art. 337d OR regelt, dass ein Arbeitnehmer, der ohne wichtigen Grund die Stelle nicht antritt oder fristlos verlässt, dem Arbeitgeber eine Entschädigung von in der Regel einem Viertel des Monatslohns schuldet. Diese Regelung greift insbesondere, wenn der Mitarbeiter die Arbeit quasi aufgegeben hat. Zudem darf der Arbeitgeber für die unentschuldigte Abwesenheitszeit den Lohn einstellen.
Kündigung als "ultima ratio": Wiederholtes „Blaumachen“ – also fortgesetztes unentschuldigtes Fernbleiben – kann einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Allerdings ist Vorsicht geboten: Die Hürden für eine gerechtfertigte fristlose Kündigung sind hoch (Art. 337 OR). Daher empfiehlt es sich, vor einer Kündigung immer schriftliche Verwarnungen zu erteilen und die Mitarbeiter ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Wiederholungsfall die fristlose Kündigung erfolgen kann. Neben der fristlosen Kündigung ist auch eine ordentliche Kündigung (mit Einhaltung der Kündigungsfrist) möglich, wenn das Vertrauensverhältnis aufgrund häufiger Fehlzeiten nachhaltig gestört ist. Auch hierfür sind vorherige Abmahnungen aus Gründen der Fairness und Beweissicherung ratsam.
Alle Schritte sollten dokumentiert werden (Gesprächsnotizen, Verwarnungsschreiben etc.), um im Streitfall belegen zu können, dass der Arbeitgeber korrekt gehandelt hat.
Die Prävention von Absentismus ist für Arbeitgeber aller Branchen wichtig, um Fehlzeiten gar nicht erst ausufern zu lassen. Hier einige praxiserprobte Ansätze, mit denen Unternehmen entgegenwirken können:
Klare Anwesenheitsrichtlinien: Formulieren Sie Erwartungen an die Anwesenheit ausdrücklich und halten Sie diese in einem Reglement oder Arbeitsvertrag fest, das allen neuen Mitarbeitenden bekannt ist. In diesen Richtlinien sollten auch Meldewege (wie und bis wann Krankmeldungen zu erfolgen haben) sowie mögliche Konsequenzen bei Missbrauch transparent aufgezeigt werden.
Offene Kommunikation und Unterstützung: Führen Sie frühzeitig Gespräche, wenn Ihnen häufige oder auffällige Fehlzeiten bei jemandem auffallen. Statt mit Vorwürfen zu reagieren, sollte zunächst im vertrauensvollen Gespräch die Ursache ergründet werden. Hören Sie aktiv zu und bieten Sie Hilfe an – oft lassen sich Probleme (berufliche Überlastung, private Schwierigkeiten, gesundheitliche Beschwerden) durch gemeinsame Lösungen entschärfen. Gegebenenfalls können individuelle Vereinbarungen wie flexiblere Arbeitszeiten oder temporäre Pensumsreduktionen getroffen werden, wenn dies zur Entlastung beiträgt. Auch die Vermittlung an professionelle Beratungsstellen kann erwogen werden, falls persönliche Probleme vorliegen (z.B. Mobbing).
Betriebliches Gesundheitsmanagement: Investieren Sie in die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden, um krankheitsbedingtem Absentismus vorzubeugen. Dies kann z. B. die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsförderungs-Programms beinhalten oder den Zugang zu einem Vertrauensarzt bzw. Beratungsangeboten erleichtern. Durch Workshops zu Stressbewältigung, ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Impfaktionen oder Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – reduzieren Sie die Wahrscheinlichkeit von Fehlzeiten. Ein ausgewogenes Work-Life-Balance-Umfeld und die Signalisation, dass Gesundheit wichtig ist, wirken langfristig absentismusmindernd.
Gutes Führungsverhalten und Betriebsklima: Ein wesentlicher Faktor ist die Unternehmenskultur. Pflegen Sie ein Klima der Wertschätzung und Offenheit, in dem Probleme früh angesprochen werden können. Schulen Sie Führungskräfte, auf Anzeichen von Unzufriedenheit oder Überforderung im Team zu achten. Unrealistische Arbeitsbelastung, fehlende Anerkennung oder Konflikte mit Vorgesetzten sind häufige Gründe für innerliche Kündigung und Absentismus. Sorgen Sie für zumutbare Arbeitsbedingungen und faire Behandlung. Ein positives Arbeitsumfeld ist die beste Prävention gegen Fehlzeiten.
Frühwarnsystem und konsequentes Absenzenmanagement: Führen Sie ein systematisches Absenzenmanagement, indem Sie Fehlzeiten erfassen und auswerten. So erkennen Sie Muster (z. B. wiederkehrende Montags- oder Freitagsabsenzen) frühzeitig. Moderne Zeiterfassungssysteme oder einfache Auswertungen können helfen, auffällige Fehlzeiten zu identifizieren. Bei ersten Anzeichen von Absentismus sollte HR zusammen mit der Führungskraft das Gespräch mit dem Betroffenen suchen. Wichtig ist, dass Konsequenzen bei unbegründeten Absenzen konsequent umgesetzt werden – etwa ein klärendes Gespräch oder eine Verwarnung beim ersten unbegründeten Fehlen. Dadurch wird signalisiert, dass das Unternehmen das Thema ernst nimmt.